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Die Maer vom schlaflosen Richter

BVerwG

Az: 5 B 105/00

Beschluss vom 13.06.2001

in NJW 2001, S. 2898 – 2899

Leitsatz

„Wer sich darauf beruft, das Gericht sei wegen eines in der muendlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemaess besetzt gewesen, muss konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgaenge in der Verhandlung ausschliessen."
 

Aus den Gruenden:

Nach staendiger hoechstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der sich darauf beruft, das Gericht sei wegen eines in der muendlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemaess besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgaenge in der Verhandlung ausschliessen.... Dabei sind der Zeitpunkt, die Dauer und die Einzelheiten des Verhaltens des Richters genau anzugeben ....Weiterhin hat die Besetzungsruege darzulegen, was waehrend
dieser Zeit in der muendlichen Verhandlung geschehen ist, ... welche fuer die Entscheidung wichtigen Vorgaenge der Richter waehrend seines "Einnickens" nicht habe erfassen koennen...

Die Darlegungen der Beschwerde genuegen den vorgenannten Anforderungen nicht.
Die Beklagtenvertreterin traegt insoweit vor:

"Der ehrenamtliche Richter H. war unfaehig der Verhandlung zu folgen, weil er ueber einen laengeren Zeitraum ununterbrochen die Augen geschlossen hatte und - wie durch seine Koerperhaltung, naemlich Senken des Kopfes auf die Brust und ruhiges tiefes Atmen sowie 'Hochschrecken' - zum Ausdruck kam, offensichtlich geschlafen hat." Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat sie auf einen Vermerk des ihr zur Ausbildung zugewiesenen Rechtsreferendars Bezug genommen, der an der muendlichen Verhandlung teilgenommen hatte und in seinem Vermerk anmerkt, "dass waehrend nahezu der gesamten Verhandlung der
ehrenamtliche Richter einnickte. Er schien der Verhandlung nicht zu folgen".

Aus diesen mitgeteilten Beobachtungen, die weder hinsichtlich der Dauer des behaupteten Einnickens bestimmt sind noch sich inhaltlich decken und die vom Klaegervertreter, der ebenfalls an der muendlichen Verhandlung teilgenommen hat, nicht bestaetigt werden, laesst sich aber, selbst wenn sie zutraefen, noch
nicht sicher darauf schliessen, dass der bezeichnete Richter tatsaechlich ueber einen laengeren Zeitraum geschlafen hat und der muendlichen Verhandlung nicht folgen konnte. Das Schliessen der Augen ueber weite Strecken der Verhandlung und das Senken des Kopfes auf die Brust beweist allein nicht, dass der Richter schlaeft. Denn diese Haltung kann auch zur geistigen Entspannung oder zwecks besonderer Konzentration eingenommen werden.... Deshalb kann erst dann davon ausgegangen werden, dass ein Richter schlaeft oder in anderer Weise "abwesend" ist, wenn andere sichere Anzeichen hinzukommen, wie beispielsweise tiefes, hoerbares und gleichmaessiges Atmen oder gar Schnarchen oder ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung ...

Ruhiges tiefes Atmen kann ebenfalls ein Anzeichen geistiger Entspannung oder Konzentration sein, insbesondere dann, wenn es fuer andere nicht hoerbar erfolgt, denn gerade dies kann darauf schliessen lassen, dass der Richter den Atmungsvorgang bewusst kontrolliert und nicht schlaeft. Auch das "Hochschrecken" des Richters hat die Beschwerde nicht naeher geschildert, vor allem nicht dargelegt, dass er nach dem "Hochschrecken" einen geistig desorientierten Eindruck gemacht habe. "Hochschrecken" allein kann auch
darauf schliessen lassen, dass es sich lediglich um einen die geistige Aufnahme des wesentlichen Inhalts der muendlichen Verhandlung nicht beeintraechtigenden Sekundenschlaf gehandelt hat."

Quelle: RA-Kanzlei Kotz

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 09.09.05
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