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Rolf Schaelike - Zeitzeuge

Fallbeispiele

 

Zukunftsvisionen

Vorlesung eines angesehenen Hamburger Rechtsanwaltes
am 11. Tag des Offenen Wortes - Fachhochschule ....

von Rolf Schaelike - 17.03.2005

 

Frei nach "Neulich vor Gericht" von Eckart Winkler, Bad Nauheim, Oktober 1999
www.eckart-winkler.de

Meine Damen und Herren,

gestern kam mir die Erleuchtung.

Ich bin doch oft im Gericht, gestern kam ich zu spaet. Es ging zwar nur um ein nichts sagendes Parkvergehen. Mein Mandant hatte aber Glueck, das Verfahren wurde eingestellt, auch ohne meiner Rhetorik. Ich hatte Zeit zum Nachdenken.

Was waere denn, wenn dem Richter die Nase meines Mandanten nicht gepasst haette? Es haetten auch die abstehenden Ohren oder der Mundgeruch sein koennen. Dann haette mein Mandant keine Chancen gehabt. Und nicht nur das eine mal, sondern auch beim naechsten und uebernaechsten Fall. Es ist keine Theorie. In einem anderen Fall, wo ich im Gerichtssaal laut furzte und mein Gegner mir Wahrheitsverdrehung unterstellte, hat dieser bei immer dem gleichen Richter zwei einstweilige Verfuegungen, zwei Widersprueche, ein Ordnungsmittelverfahren mit Widerspruch und zwei Hauptverfahren verloren. Haben Sie mitgezaehlt? Es waren acht Verfahren bei immer dem gleichen Richter. Dazwischen kein anderer Richter. Dieser Richter konnte sich immer wieder auf seine eigenen Entscheidungen beziehen, ohne seinen Namen in den Bezuegen zu nennen, sozusagen inkognito.

Die Richter, die vorgesetzt werden, sind an den ersten Buchstaben des Namens gebunden. Das ist doch gerecht. Jedes mal der gleiche Richter, der meinen Gegner  nicht leiden kann. Und jedes mal mehrere Tausender an Gebuehren und Rechtsanwaltskosten. Oder auch Strafen mit Haftandrohung.

Da fragen sich manche: Warum duerfen sie  ihren Richter nicht selber aussuchen? Das geht doch beim Zahnarzt oder bei der Wahl der Krankenkasse. Wenn diese einem nicht passen, kann gekuendigt werden, den unangenehmen Arzt kann man einfach vergessen.

Sogar die Telefongesellschaften oder die Stromlieferanten und Fernsehsender koennen gewaehlt werden. Ich spreche gar nicht von dem Ehepartner durch Scheidung oder einem Arbeitsplatzwechsel. Warum nicht auch den Richter?

Jetzt ueberlegen sie mal. Dann muessten die Richter selbstaendig sein. Das waere eine Revolution, ein Schlag gegen das derzeitige System. Unsere Feinde sagen, die Vorteile laegen auf der Hand: Die Richter waeren selbstaendig, muessten also nicht mehr die Steuerkasse belasten. Der Staatshaushalt waere gerettet.

O Gott! Besser ist es doch, die Verfahren zu verkuerzen. Schon die erste Instanz entscheidet endgueltig. Fuer jeden Fall nur drei Minuten. Die Richter kennen doch die Gesetze, ist doch alles Routine, wozu die Details. Um die Nase und die Ohren und den Mundgeruch sollen sich doch die Delinquenten kuemmern, Was geht das das Gesetz an?

Finanzieren sollen sich diese selbstaendigen Richter durch Geldbussen und -strafen, die sie verhaengen, wird argumentiert. Bloss dann koennen diese nicht masslos werden, denn aufgrund der freien Richterwahl wuerde die "strenger" Richter ihre Kunden verlieren.

Ist doch Quatsch. Geldbussen und -strafen durch Gesetz erhoehen und den Buss- und Strafkatalog dicker machen. Das rettet den Haashalt, doch keine selbstaendigen Richter. Diese wuerden doch bloss die Steuern hinterziehen und sich eine Menge an Tricks einfallen lassen. Sie haben doch gute Lehrmeister in all ihren Verfahren.

Wen man denkt, jeder wuerde zu dem Richter gehen, der die mildesten Urteile verhaengt und fuer sich entsprechend wirbt, dann ist das ein  Irrtum. Der  Riesenzulauf wuerde seine "Preise" erhoehen. Und denkt man,  im Laufe der Zeit wuerde sich das ganze auf dem Richtermarkt regulieren, dann hat man keine Ahnung von den Raubrittern auf dem freien Markt, den vielen Gauklern und Betruegern, die schon heute vor Gericht mehr Beistand erhalten als die Deppen. Opferschutz geht immer mehr zurueck und der Taeterschutz greift um sich. Da aendert auch der freie Markt nichts.

Auch wenn sich mehrere Richter zu "Richter-Kanzleien" zusammenschliessen, um die verschiedenen Rechtsbereiche mit Kompetenz abzudecken, dann wissen wir, dass das Unsinn ist. Wir haben das doch schon heute bei den Rechtsanwaelten so. Haben dadurch die Menschen ein besseres Rechtsgefuehl, gibt es mehr Gerechtigkeit und weniger Arbeitslose und schreitet die Globalisierung nun einer friedlichen Zukunft entgegen, wo es keine Kriege mehr geben wird?

Auch groessere "Richter AG" oder "Verurteilungs-GmbH´s" wuerden zwar entstehen aber nichts Neues bringen. Schon heute gibt es die Richter AG´s und GmbH´s, bloss verdeckt. Versuchen sie mal diese Firmen-Mauer zu durchbrechen.

Sonderangebote zu Paketpreisen waeren auch denkbar, Staatsanwaelte muessten mit eingebunden sein ebenso die Behoerden und Ministerien.

Bloss wozu die Selbstaendigkeit der Richter? Alles zu kompliziert.

Den Jura-Konzern, der saemtliche juristischen Leistungen anbietet und alles abdeckt, den haben wir doch heute schon. Versuchen sie doch mal an das Verfassungsgericht ranzukommen. Das ist schwerer als an eine beliebige Konzernleitung, auch kleiner Konzerne.

Denkbar waeren auch Schnellverfahren per Bildtelefon-Konferenzschaltung oder auch Verfahren via Internet-Chat. Der Delinquent hat lediglich seine Kreditkarten-Nummer anzugeben.

Dazu benoetigt man keine freiberuflichen Richter. Konferenzschaltungen und Internet-Chat kann von oben angewiesen werden. So ist die moderne Technik leichter einzufuehren und schon an so manchen Ort schon eingefuehrt.

Um Personalkosten zu sparen, sollten ueber das Internet voll automatisierte Verfahren angeboten werden. Die Angaben zur Sache kann in ein Formular eingetragen werden, das Dialogsystem ergaenzt das Verfahren und das Urteil kommt per Email. Verfahrenskosten und Geldstrafe werden abgebucht.

Es sind alles gute Ideen und nette Aussichten. Wir muessen nur darauf achten, dass niemand unseren Stand, den Stand der Juristen gefaehrdet.

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 17.03.05
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